Über uns

Von Mirto Crosia über Mailand nach Kamen

Levent_GinoBislang hatte mich niemand ernsthaft danach gefragt, ob ich mir vorstellen könne, wieder zurückzukehren. Nach so vielen Jahren in Deutschland zurückkehren, weg aus dem Ruhrgebiet, in meine alte Heimat, nach Kalabrien in den Ort Mirto Crosia, in dem ich 11.6. 1969 geboren wurde. Jetzt, wo mich ein giornalista danach fragt, muss ich sagen, Nein. Warum auch?

Mit 16 verließ ich erstmals für längere Zeit meine Heimat in Richtung Norditalien. In Mailand hatte ich Arbeit gefunden, dort habe ich drei Jahre als Installateur gearbeitet und als junger Mann gutes Geld verdient. Schließlich wurde ich eingezogen, für ein Jahr. Nach dem Militärdienst kehrte ich zunächst wieder nach Mirto Crosia zurück, aber nicht für lange. Es war mehr ein Zufall. Eines Tages sprach mich Giovanni Carnevale an, er hatte in Mirto Crosia eine große Pizzeria, aber wie ich hörte, wohnte auch er in Deutschland. Unter Hamm konnte ich mir damals nichts vorstellen. Auf meiner internationalen Fußball-Landkarte kam Hamm nicht vor. Als juve tifosa kannte ich viele europäische Fußballstädte, darunter auch die bekannten deutschen, aber Hamm gehörte definitiv nicht dazu.

Also, ich bekam einen Anruf aus Deutschland. Ich sagte, va bene und wenige Tage später saß ich schon im Zug nach Germania. Am 17. Mai 1990 kam ich, also Luigi Forciniti, für alle Gino, um 22.15 h in Dortmund an. Damals ahnte ich noch nicht, dass mich meine Wege noch häufiger in diese fußballverrückte Stadt führen würden – und ich irgendwann auch mit einem schwarz-gelben Schal im Signal Iduna Park Stadion sitzen würde.

Dann, allora, holten mich Freunde aus meiner Heimatstadt ab. Sie arbeiteten bereits in der Pizzeria. Wir zogen erst einmal um die Häuser, wir hatten viel Spaß und später fiel ich todmüde ins Bett.

Ich wusste eigentlich nicht so genau, was mich erwartete, aber ich hatte mir eigentlich auch nicht so viel Kopf darüber gemacht, ich wollte nur einen Monat bleiben und dann wieder zurück nach Milano.

Gleich am nächsten Tag habe ich angefangen – in der Küche. Einen Monat habe ich Geschirr gespült. Verpflegung und Unterkunft waren frei. Das war aber nichts für mich. Ich wollte wieder zurück. Das war nicht mein Ding, ich hatte als Installateur gearbeitet und wollte mir hier nicht den ganzen Tag in der Küche die Beine in den Bauch stehen. Man merkte mir meine Unzufriedenheit an. Darauf sprach einer meiner Kumpels mit dem Chef. Zum Glück konnte er ihn überreden und so begann eine neue Zeit für mich. Ich lernte schnell, die Arbeit ging gut von der Hand, die Jahre vergingen und so wurden aus einem Monat 24 Jahre.

Natürlich gibt es Tage, an denen sich das Leben nicht von der schönsten Seite zeigt und ich bei einem Espresso und der Musik von Fabrizio de Andrea oder Lucio Dallas mir meine Gedanken mache. Und ich blicke für einen Moment zurück und mir gehen viele Bilder durch den Kopf: Ja, Kalabrien hat was. Die Strände, die Küsten und die Berge…

open

Jetzt, wo der giornalista mich fragt.

Nein, dennoch kann ich mir nicht vorstellen nach Italien zurückzukehren Ich habe mich an das Leben hier gewöhnt, vor allem an das Ruhrgebiet und hier in Kamen habe ich Freunde gefunden. Nach Italien gehe

ich nur, um zu entspannen, die Verwandtschaft zu sehen. Ansonsten ist das Ruhrgebiet ein Stück Heimat geworden. Das kann man sogar an meiner Speisekarte ablesen: Pizza Südkamen oder Pizza Sucuk.

Ich habe erst vor kurzem die Pizzeria von meinem Bruder übernommen und seitdem bin ich nicht mehr Pizzabäcker, sondern mein eigener Chef. Und Sie werden lachen, gewisse deutsche Tugenden weiß ich jetzt mehr als zuvor zu schätzen: Ordnung, Sauberkeit und Disziplin.

In Italien muss man „pazienza“, also Geduld haben. Die Mühlen mahlen langsam. Kommst du heute nicht, kommst du morgen. Erst hier habe ich gelernt: Zeit ist Geld.

Und wenn wir schon einmal dabei sind. Ich muss weitermachen, genug parlato. Die Kunden warten auf ihre Pizzen.

pizza_gino

Also, a presto, bis dann. Schauen Sie einfach rein und lassen Sie sich überraschen. Mein Team und ich sorgen für ihr leibliches Wohl bei familiärer Atmosphäre. Hier sind Sie herzlich willkommen.

Ob auf einen schnellen Espresso oder einen entspannten Pasta-Abend mit Freunden. An Sommertagen ist zudem unser schattiger Biergarten ein beliebter Treffpunkt für viele, die bei köstlichen italienischen Spezialitäten die Jahreszeit genießen möchten.

Außerdem können Sie ganz bequem a la carte von zu Hause aus bestellen.

____________________________________________________________

8.3.2014
Hörfunkjournalist und Autor
Levent Aktoprak